28. März 2022
Die Fleisch-Werbung von Coop und Migros wirkt sehr tierfreundlich. Doch das grosse Geschäft machen die Detailhändler mit Fleisch aus konventioneller Haltung - was gar nicht tierfreundlich ist.
Auf der ersten Seite scharren glückliche Hühner auf einer grünen Wiese. Ein prächtiger Hahn überblickt seine Hennenschar. Die kleinbäuerliche Idylle eines Bio- Hofs im «Migros-Magazin» scheint perfekt zu sein. Ein anderes Bild zeigt weiter hinten im Heft. Hier wird für Aktions-Pouletschnitzel geworben. Diese kommen aber leider nicht von einem idyllischen Bio-Hof, sondern aus konventioneller Pouletmast. Die Tiere leben dort in Herden mit bis zu 15 Hühnern pro Quadratmeter und sehen nie eine Wiese.
Immer wieder machen Coop und Migros Aktionen mit billigem Fleisch aus Tierhaltung, die nur den minimalen Ansprüchen genügt, damit ein Tier nicht vorzeitig stirbt. Pouletfleisch wird am häufigsten verbilligt. Das Magazin K-Tipp hat die Frischfleischangebote in den Aktionsbeilagen des «Migros-Magazins» und der «Coop-Zeitung» aus dem letzten Jahr ausgewertet. Ergebnis: von 817 Fleischaktionen stammten 519 aus konventioneller Mastproduktion. Dabei müssen die Tiere bloss nach den Minimalanforderungen des Tierschutzgesetzes gehalten werden. Mit Tierwohl hat das wenig zu tun, wie eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Landwirtschaft 2013 ergab. Demnach schreibt das Gesetz nur gerade das vor, «was dem Tier noch zugemutet werden kann». Es definiert die rechtliche Grenze zur Tierquälerei.
Teures Bio-Fleisch war nur 22 Mal vergünstigt erhältlich (2,7 Prozent der Aktionen). Der Rest – total 276 Aktionen – entfiel auf weniger strenge Labels wie zum Beispiel Terra Suisse und Naturafarm. Konventionelles Fleisch gibt es nicht nur am häufigsten als Aktion, es wird viel billiger, also 30 bis 50 Prozent weniger als der Normalpreis, angeboten. Ausserdem: Migros und Coop importierten das Fleisch für fast jede fünfte Fleisch-Aktion aus dem Ausland. Fleisch-Aktionen sollen die Kundschaft eben in die Läden locken. Der Schweizer Tierschutz spricht von einem Preiskampf auf Kosten der Tiere: «Die Detailhändler unterbieten sich bei konventionellem Fleisch mit Tiefstpreisen», ärgert sich der Co-Geschäftsführer Stefan Flückiger. Weil es konventionelles Fleisch fast permanent in Aktion gebe, bleibe viel Bio-Fleisch Haltung im Regal liegen. Flückiger: «Auf diese Produkte schlagen die Detailhändler hohe Gewinnmargen und bieten sie zu unattraktiven Preisen an.» Der Tierschutz prüft nun eine Initiative mit dem Ziel: kleinere Preisunterschiede zwischen Bio und konventionell.
Quelle: K-Tipp Nr. 6 23. März 2022, Darko Cetojevic/Roger Müller, Aktionen: Teures Bio-Fleisch gibts kaum je vergünstigt,